Update Medical Device Regulation

Die Medical Device Regulation ist weiterhin die größte Hürde in der Medizintechnik-Branche. Noch immer gibt es zu wenig benannte Stellen, um die Anfragen der Medizinproduktehersteller zu bewältigen und Bestands- sowie Neuprodukte zu zertifizieren. Neue Hersteller müssen die Entwicklung und den Markteintritt auf unbestimmte Zeit verschieben. Das bremst die Innovationskraft und schadet damit der Gesamtwirtschaft und letztendlich den Patienten. Es ist abzusehen, dass sich die Lage 2024 dramatisch zuspitzen wird. Viele Medizinprodukte werden es nicht rechtzeitig in die MDR schaffen.

Lösungsansätze des BV-Med:

Es müssen Lösungen gefunden werden und die MDR strategisch weiterentwickelt werden. Hierzu hat der BV-Med konkrete Vorschläge:

  • Benannte Stellen müssen in einer konzertierten Aktion aller beteiligten Behörden schneller notifiziert werden. Alle Scopes (Fachspektren) müssen ausreichend abgedeckt sein. Es müssen genügend Ressourcen in den benannten Stellen vorhanden sein. Für Hersteller, die nachweislich keine benannte Stelle finden, müssen Lösungen etabliert werden.
  • Die Übergangsphase und die Laufzeit der Zertifikate müssen verlängert werden, um den abzusehenden Engpass im Jahr 2024 zu entzerren.
  • Für bewährte Bestandsprodukte müssen pragmatische Lösungen bspw. über das Instrument der „Anerkennung klinischer Praxis“ gefunden werden.
  • Für „Orphan Devices“ (Nischenprodukte) muss die Europäische Kommission Ausnahmeregelungen nach dem US-Vorbild der „Humanitarian Device Exemption“ sowie der „Orphan Drug“-Regelungen in Europa schaffen.
  • Für KMU sollten spezielle Förderprogramme bspw. zur Unterstützung von klinischen Studien aufgelegt werden. Diese Förderprogramme dürfen sich nicht nur auf Neuentwicklungen und Innovationen beschränken, sondern müssen Bestandsprodukte einschließen.
  • Für die Marktbeobachtung benötigen wir ein agiles und digitales „Post-Market-Surveillance“-System, um die Patientensicherheit weiterhin zu gewährleisten. Dabei muss das gesamte Gesundheitssystem eingebunden werden: Fachgesellschaften, Krankenhäuser, Krankenkassen.

Quelle: https://www.devicemed.de/die-medical-device-regulation-groesstes-hemmnis-der-medizintechnik-branche-a-1054510/

Gemeinsam mit Baden-Württemberg mehr erreichen

Auch Baden-Württemberg ist aktiv: Bezüglich der Medical Device Regulation (MDR) wenden sich Ministerpräsident Winfrid Kretschmann, Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut und Sozialminister Manne Lucha mit einem Brief an die deutsche Bundesregierung und die EU-Kommission und fordern eine Erleichterung für Medizintechnikunternehmen. Sie warnen vor Versorgungsengpässen. Einige Produkte werden vom Markt verschwinden, weil die Kosten einer Rezertifizierung nicht mehr zu stemmen oder zu unsicher sind. Bei Nischenprodukten ist das besonders gravierend, denn hier gibt es kein Ersatzprodukt für die Patienten. Hinzu kommt, dass viele Unternehmen Europa bereits den Rücken zukehren und in die USA oder andere Länder gehen, wo Zulassungen unkomplizierter geregelt sind.

Im Interview mit DeviceMed beschreibt Frau Steckeler (Geschäftsführerin von Medical Mountains) die MDR als Neubau. Die Unternehmen sollen jetzt endgültig einziehen, obwohl das Fundament keine hundertprozentige Tragfähigkeit aufweist. Wesentliche Leitungen fehlen und kaum jemand versteht die Hausordnung– und das alles bei deutlich höheren Nebenkosten.

In den kommenden Wochen werden wir uns mit dem Team von Medical Mountains austauschen und hoffentlich einen Weg finden, wie wir gemeinsam mehr erreichen können.

Sollten die MDR-Übergangsfristen verlängert werden?

Am 14.09.2021 war die Grünen-Bundestagsabgeordnete Claudia Müller zu Gast beim BVMed-Mittelstandsforum. Der BVMed beklagt während der Veranstaltung die Ressourcendefizite bei den MDR-Prozessen. BVMed-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll warnte davor, dass bis zu 30 Prozent der Medizinprodukte in den nächsten Jahren vom Markt zu verschwinden drohen, wenn keine Lösungen insbesondere für Bestands- und Nischenprodukte gefunden werden. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Claudia Müller schlug als politischer Gast des Mittelstandsforums Nachbesserungen beim regulatorischen Rahmen vor: „Der erste Schritt muss die Verlängerung von Übergangsfristen sein. Wir müssen nach der Bundestagswahl den Druck auf die Europäische Kommission aufrecht halten und weitere europäische Partner dafür gewinnen“, so die Mittelstandsbeauftrage der Grünen-Bundestagsfraktion.

Der MedTech-Mittelstand stehe durch die MDR vor großen regulatorischen Herausforderungen. „Die Unternehmen brauchen zeitliche und finanzielle Berechenbarkeit. Beides ist aktuell bei den MDR-Zertifizierungsprozessen nicht gegeben“, bemängelt Möll. Ein Kernproblem sei das Ressourcendefizit durch Personalmangel bei den benannten Stellen, aber auch bei den Unternehmen.

Um den Medizintechnik-Mittelstand zu unterstützen, plädierte die Grünen-Politikerin dafür, die bürokratischen Lasten für KMU zu verringern. Verfahren müssten digitalisiert und vereinfacht werden. Bei Nischenprodukten – beispielsweise für die medizinische Versorgung von Kindern – müsse es einen besseren Ausgleich mit angepassten Verfahren geben. Außerdem schlug sie eine Personaloffensive im Bereich der Zertifizierung von Medizinprodukten vor.

Drohender Versorgungsengpass im Bereich Labordiagnostik

Die neue In-vitro-Diagnostik-Verordnung der EU tritt am 26. Mai 2022 in Kraft. Doch die Branche läutet die Alarmglocken. Einer Studie zufolge droht in der Labordiagnostik eine große Angebotsknappheit.
„Die Ergebnisse sind alarmierend. Wenn die EU-Kommission nicht reagiert, bahnt sich eine Gefährdung der flächendeckenden Versorgung mit Labordiagnostik an“, sagt VDGH-Geschäftsführer Dr. Martin Walger.

Acht Monate vor Inkrafttreten der neuen EU-In-Vitro-Diagnostik-Verordnung (IVDR) ist die Situation ähnlich wie vor Inkrafttreten der Medizinprodukte-Verordnung (MDR). Auch hier besteht ein enormes Risiko für die zukünftige Verfügbarkeit – in diesem Fall die medizinische Labordiagnostik. Zu diesem Schluss kommt der Verband der Diagnostika Industrie (VDGH) auf Basis der Ergebnisse einer aktuellen europäischen Studie. Die European Union Medical Device Competent Authority (CAMD) ist ein Zusammenschluss zuständiger nationaler Behörden, die eine Studie in Auftrag gegeben haben, um die Auswirkungen des geltenden Rechtsrahmens auf die Zulassung von In-vitro-Diagnostika (IVD) ab Mai 2022 zu untersuchen. Koordiniert wurde die Forschung von Medtech Europe, dem europäischen Verband für Medizintechnik. Die wichtigsten Ergebnisse sind:

  • Zukünftig wird sich die Zahl der Produkte, die von der benannten Stelle zertifiziert werden müssen, verzehnfachen.
  • Nach dem neuen Gesetz wurden nur sechs Stellen benannt. Im aktuellen Rechtsrahmen sind 18 benannte Stellen im Bereich der In-vitro-Diagnostik tätig.
  • 53 % der IVD-Unternehmen haben noch keine benannte Stelle gefunden, bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sind es sogar 64 %.
  • Nur 12% der für IVD-Produkte erforderlichen Zertifikate wurden ausgestellt.
  • Im besten Fall werden bis zum 26. Mai 2022 61 % aller IVDs zertifiziert sein. Im schlimmsten Fall werden dies nur 24% aller IVDs ausmachen.

Die CAMD-Forschung deckt repräsentativ 90 % des diagnostischen Marktes ab. An der Befragung nahmen insgesamt 115 Unternehmen teil, davon mehr als ein Viertel aus Deutschland. Mehr als 70 % der Teilnehmer sind kleine und mittelständische Unternehmen. „Gerade die hohe Beteiligung kleiner und mittelständischer Unternehmen beschreibt die Branche wahrheitsgetreuer als bisherige Umfragen“, so Volger.

Warum die Medical Device Regulation (MDR) in Deutschland nicht ausreicht

Ein großer Teil an Regelungen im Bereich der Zertifizierung von Medizinprodukten wird nicht in der MDR, dem neuen europäischen Gesetz für Medizinprodukte geregelt. Deshalb kommt hier die nationale Gesetzgebung in Form des Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz (MPDG) zum Tragen. (Für in-Vitro-Diagnostika gelten die gesetzlichen Änderungen des MPDG erst ab Mai 2022.) Das neue nationale MPDG umfasst 99 Paragrafen und 10 Kapitel. Wir haben die wichtigsten Inhalte und Neuerungen zusammengefasst:

Kapitel 1: Zweck, Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen
In § 2 (2) wird der Anwendungsbereich des MPDG auch auf Produkte, die nicht als Medizinprodukte in Verkehr gebracht wurden, aber „mit der Zweckbestimmung eines Medizinproduktes im Sinne der Anlagen 1 und 2 der Medizinprodukte-Betreiberverordnung angewendet werden“, erweitert.

Kapitel 2: Anzeigepflichten, Inverkehrbringen und Inbetriebnahme von Produkten sowie deren Bereitstellung auf dem Markt und sonstige Bestimmungen
Zum Beispiel ergänzt das MPDG Vorgaben aus der MDR wie Anzeigepflichten von Unternehmen, die implantierbare Sonderanfertigungen der Klasse III herstellen (§4 (2)). Herstellerinformationen dürfen nun in deutscher und/oder englischer Sprache verfasst werden.

Kapitel 3: Benannte Stellen, Prüflaboratorien und Konformitätsbewertungsstellen für Drittstaaten
Die Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten (ZLG) ist weiterhin für benannte Stellen und Prüflaboratorien zuständig.

Kapitel 4: Klinische Prüfungen und sonstige klinische Prüfungen
Allein Kapitel 4 umfasst 47 Paragrafen. Unter anderem werden folgende Neuerungen festgehalten:
Die Reihenfolge der einzuholenden Voten/Genehmigungen ist nun festgelegt. Ein positives Votum der Ethikkommission (§ 31 MPDG), ist Voraussetzung, um eine Genehmigung für eine klinische Prüfung beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) beantragen zu können.

Die Anträge müssen über die europäische Datenbank EUDAMED (Genehmigung BfArM) und das Deutsche Medizinprodukte-Informations- und Datenbanksystem (DMIDS) (Ethikvotum) gestellt werden.
§ 26 MPDG legt detaillierter als die MDR fest, dass der Sponsor einer klinischen Prüfung eine Probandenversicherung abschließen muss.

§ 47 MPDG, sonstige klinische Prüfungen setzt Art. 82 MDR in nationales Recht um. Nunmehr können wissenschaftliche Studien mit nicht-CE-zertifizierten Medizinprodukten auf Grundlage einer Anzeige- aber nicht Genehmigungspflicht beim BfArM durchgeführt werden. Ein positives Ethikvotum muss dennoch vorliegen (§ 47 (2)). Liegt eine CE-Zertifizierung vor, sind weder die Anzeige beim BfArM noch ein positives Ethikvotum vorzulegen. (§ 47 (3) MPDG). Andere gesetzliche Anforderungen wie Datenschutz und Berufsrecht der Ärzte oder Strafrechtsvorschriften gelten weiterhin.

Kapitel 5: Vigilanz und Überwachung
Hier werden Vigilanz-Anforderungen und auch die neue deutsche Medizinprodukte-Anwendermelde- und Informationsverordnung (MPAMIV) (als Ersatz für die bislang geltende Medizinprodukte-Sicherheitsplanverordnung (MPSV)) detaillierter definiert. Resultierend daraus steigt der Aufwand für Behörden und Hersteller hinsichtlich der Marktüberwachung und Vigilanz.

Kapitel 6 Medizinprodukteberater
Zusätzlich zum Medizinprodukteberater wird ein Sicherheitsbeauftragter eingeführt (Art. 15 MDR).

Kapitel 7: Zuständige Behörden, Verordnungsermächtigungen und sonstige Bestimmungen
Errichtung und Betrieb eines zentralen Medizinprodukteinformations- und Datenbanksystems (DMIDS) muss bis spätestens 31. Dezember 2022 (§ 86 MPDG) vom BfArM gewährleistet werden.

Kapitel 8 bis 10 umfassen Sondervorschriften u. a. für den Zivil- und Katastrophenschutz, Straf- und Bußgeldvorschriften und unterschiedliche Übergangsbestimmungen für das Medizinprodukteinformations- und Datenbanksystem.

Update Medical Device Regulation (MDR)

Die praktische Umsetzung der MDR-Anforderungen beherrscht die Medizintechnikbranche nicht erst seit dem 26. Mai 2021. Dennoch sind noch immer nicht alle Voraussetzungen durch die Behörden und die beteiligten Akteure umgesetzt worden. Der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. (VDE) hat in einem Artikel die offenen Punkte zusammengefasst:

  • Benannte Stellen: Aktuell sind 22 benannte Stellen entsprechend der MDR zertifiziert, jedoch nicht alle bilden das gesamte fachliche Spektrum ab.
  • Rechtsakte: Aktuell sind 3 von 50 Rechtsakten erlassen, welche die einzelnen Bestimmungen der MDR detaillierter regeln sollen.
  • Harmonisierte Normen: Aktuell gibt es 5 harmonisierte Normen, die bei der Umsetzung der grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen der MDR helfen sollen.
  • Leitfäden: Die Koordinierungsgruppe für Medizinprodukte (MDCG) soll die MDR erklären und auslegen. Dafür werden fortlaufende MDCG-Leitfäden veröffentlicht.
  • EUDAMED: Die europäische Medizinproduktedatenbank EUDAMED ist weiterhin nicht vollumfänglich verfügbar. Dies führt weiterhin zu erheblichen Verzögerungen und zum Teil zu Mehraufwänden.

Der durch die Vielzahl an Gesetzen, Regeln und Empfehlungen entstehende Dokumentationsaufwand wird vor allem für Klein- und mittelständische Unternehmen enorme Belastungen nach sich ziehen. Der personelle und finanzielle Mehraufwand wird für manche Firmen nicht zu stemmen sein und die betroffenen Medizinprodukte werden zwangsläufig vom Markt verschwinden.

Klinische Studien im Rahmen der MDR erfolgreich meistern

Ein Hauptaugenmerk der MDR liegt auf dem Sicherheitsaspekt von Medizinprodukten – klinische Studien sollen helfen, ein vertretbares Nutzen-Risiko-Verhältnis für Anwender bzw. Patient zu ermitteln.

Wie plane ich eine klinische Studie? Welche Vorgaben sind bei der Durchführung einzuhalten? Gibt es unterschiedliche Vorgehensweisen für am Markt zugelassene oder nicht-zugelassene Produkte? All diese Fragen beantworten wir bei unserem Seminar zum Thema klinische Prüfungen von Medizinprodukten mit dem Koordinierungszentrum Klinische Studien (KKS). Hier erfahren Sie alles, was sie bei der Antragsstellung, beim Qualitäts- und Risikomanagement bis hin zur Inspektion und der behördlichen Überwachung beachten müssen.

Wann? Oktober 2021

Wo? HIT Campus Magdeburg

Themenschwerpunkte:
• Definitionen und Klassifizierung gemäß MDR 2017-745
• GCP-konforme Durchführung gemäß DIN ISO 14155
• Antragstellung
• Qualitäts- und Risikomanagement
• Inspektionen
• behördlicher Überwachung

Bei Interesse schreiben sie uns bitte eine kurze E-Mail an work@innomed-sachsen-anhalt.de. Das genaue Datum stimmen wir dann mit allen Interessenten ab.

Ein Ohr für Medizinprodukthersteller

Die MDR bringt nicht nur mehr Sicherheit, sondern auch neue Herausforderungen.