Warum die Medical Device Regulation (MDR) in Deutschland nicht ausreicht
Ein großer Teil an Regelungen im Bereich der Zertifizierung von Medizinprodukten wird nicht in der MDR, dem neuen europäischen Gesetz für Medizinprodukte geregelt. Deshalb kommt hier die nationale Gesetzgebung in Form des Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz (MPDG) zum Tragen. (Für in-Vitro-Diagnostika gelten die gesetzlichen Änderungen des MPDG erst ab Mai 2022.) Das neue nationale MPDG umfasst 99 Paragrafen und 10 Kapitel. Wir haben die wichtigsten Inhalte und Neuerungen zusammengefasst:
Kapitel 1: Zweck, Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen
In § 2 (2) wird der Anwendungsbereich des MPDG auch auf Produkte, die nicht als Medizinprodukte in Verkehr gebracht wurden, aber „mit der Zweckbestimmung eines Medizinproduktes im Sinne der Anlagen 1 und 2 der Medizinprodukte-Betreiberverordnung angewendet werden“, erweitert.
Kapitel 2: Anzeigepflichten, Inverkehrbringen und Inbetriebnahme von Produkten sowie deren Bereitstellung auf dem Markt und sonstige Bestimmungen
Zum Beispiel ergänzt das MPDG Vorgaben aus der MDR wie Anzeigepflichten von Unternehmen, die implantierbare Sonderanfertigungen der Klasse III herstellen (§4 (2)). Herstellerinformationen dürfen nun in deutscher und/oder englischer Sprache verfasst werden.
Kapitel 3: Benannte Stellen, Prüflaboratorien und Konformitätsbewertungsstellen für Drittstaaten
Die Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten (ZLG) ist weiterhin für benannte Stellen und Prüflaboratorien zuständig.
Kapitel 4: Klinische Prüfungen und sonstige klinische Prüfungen
Allein Kapitel 4 umfasst 47 Paragrafen. Unter anderem werden folgende Neuerungen festgehalten:
Die Reihenfolge der einzuholenden Voten/Genehmigungen ist nun festgelegt. Ein positives Votum der Ethikkommission (§ 31 MPDG), ist Voraussetzung, um eine Genehmigung für eine klinische Prüfung beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) beantragen zu können.
Die Anträge müssen über die europäische Datenbank EUDAMED (Genehmigung BfArM) und das Deutsche Medizinprodukte-Informations- und Datenbanksystem (DMIDS) (Ethikvotum) gestellt werden.
§ 26 MPDG legt detaillierter als die MDR fest, dass der Sponsor einer klinischen Prüfung eine Probandenversicherung abschließen muss.
§ 47 MPDG, sonstige klinische Prüfungen setzt Art. 82 MDR in nationales Recht um. Nunmehr können wissenschaftliche Studien mit nicht-CE-zertifizierten Medizinprodukten auf Grundlage einer Anzeige- aber nicht Genehmigungspflicht beim BfArM durchgeführt werden. Ein positives Ethikvotum muss dennoch vorliegen (§ 47 (2)). Liegt eine CE-Zertifizierung vor, sind weder die Anzeige beim BfArM noch ein positives Ethikvotum vorzulegen. (§ 47 (3) MPDG). Andere gesetzliche Anforderungen wie Datenschutz und Berufsrecht der Ärzte oder Strafrechtsvorschriften gelten weiterhin.
Kapitel 5: Vigilanz und Überwachung
Hier werden Vigilanz-Anforderungen und auch die neue deutsche Medizinprodukte-Anwendermelde- und Informationsverordnung (MPAMIV) (als Ersatz für die bislang geltende Medizinprodukte-Sicherheitsplanverordnung (MPSV)) detaillierter definiert. Resultierend daraus steigt der Aufwand für Behörden und Hersteller hinsichtlich der Marktüberwachung und Vigilanz.
Kapitel 6 Medizinprodukteberater
Zusätzlich zum Medizinprodukteberater wird ein Sicherheitsbeauftragter eingeführt (Art. 15 MDR).
Kapitel 7: Zuständige Behörden, Verordnungsermächtigungen und sonstige Bestimmungen
Errichtung und Betrieb eines zentralen Medizinprodukteinformations- und Datenbanksystems (DMIDS) muss bis spätestens 31. Dezember 2022 (§ 86 MPDG) vom BfArM gewährleistet werden.
Kapitel 8 bis 10 umfassen Sondervorschriften u. a. für den Zivil- und Katastrophenschutz, Straf- und Bußgeldvorschriften und unterschiedliche Übergangsbestimmungen für das Medizinprodukteinformations- und Datenbanksystem.
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